26 August 2006

Wie man einer Schnecke Beine macht

Ihr fragt euch jetzt sicher, warum ich hier jetzt über Schnecken schreibe, aber ich spreche natürlich von meinem neu erworbenen Notebook. Bereits beim Einrichten ist mir aufgefallen, dass es sehr langsam läuft. Ich habe mir die /proc/cpuinfo anzeigen lassen und gesehen, dass der Prozessor auf 300 MHz läuft. Ich habe mir aber am Anfang nichts weiter dabei gedacht, weil ich davon ausgegangen bin, dass Speedstep falsch eingerichtet ist und habe das Problem auf später verschoben. Nachdem ich Speedstep eingerichtet hatte, zeigte mir die /proc/cpuinfo ganz brav die 1200 MHz an. Ich dachte, dass nun alles im Lot wäre. Das wars aber nicht!

Bei genauerer Betrachtung der /proc/cpuinfo, stellte ich fest, dass der bogomips-Wert bei ca. 580 lag. Mein Desktop-Rechner (ein Duron 800) hat 1700. Ich habe zunächst ein Benchmark-Tool ausprobiert, welches die genaue MHz-Zahl berechnen kann (das tool "mhz" aus dem Paket "lmbench"). Es hat mir knapp 300 MHz berechnet, obwohl /proc/couinfo was anderes sagte. Ich habe daraufhin Speedstep erstmal wieder ausgeschaltet, weil er beim runtertakten nicht auf 800 runter ist, sondern auf 200.

Hier ging jetzt die Sucherei nach der Ursache los. Meine Vermutung war zuerst, dass der Prozessor kaputt war. Darauf deutete auf jeden Fall die Tatsache hin, dass mir das Bios falsche Werte angezeigt hat. Ein Freund von mir meinte, der Prozessor könnte gefälscht sein. Ich hatte auch noch eine andere mögliche Erklärung: der Front Side Bus ist zu niedrig getaktet. Ich habe mich schweren Herzens dazu entschieden meine swap-Partitionen für eine Windows2000-Installation frei zu machen, damit ich diverse Tools ausprobieren konnte. Ich startete das Tool "cpu-z", welches in der Lage ist sehr viele Informationen über den Prozessor anzuzeigen. Dieses Tool zeigte mir nicht nur die 300 MHz an, sondern auch den FSB, der nicht auf 133 MHz getaktet war, sondern auf 33 MHz. Der Multiplikator von 9 würde bei 133 MHz die gewünschten 1,2 GHz liefern. Also ging es jetzt drum, wie bringe ich meinem Motherboard bei, dass es schneller laufen soll?
Ich habe zwei Tools ausfindig gemacht, die das im laufenden Betrieb, unabhängig vom Bios, bewerkstelligen können. Das eine heißt SoftFSB und das andere ClockGen. Da ich nicht wusste, welchen PLL (so heißt der Taktgeber) ich auf meinem Motherboard hatte, musste ich etwas rumprobieren. Nach zahlreichen Reboots, weil das System mehrmals eingefroren war, habe ich aufgegeben und mich zunächst an Dell gewendet.

Ich hab also da angerufen und bin mit dem Techniker dort alles nochmal durchgegangen. Wir kamen zu dem Ergebnis, dass auf dem Motherboard irgendetwas nicht in Ordnung ist und es ausgetauscht werden muss. Ich wusste, dass ich es nicht bei Dell kaufen werde (die amerikanische Firma, bei der ich das CD-Rom-Laufwerk gekauft hatte, hat die Dinger günstig im Angebot), habe mir aber trotzdem ein Angebot schicken lassen. Ich bat darum, dass ich nur das Motherboard haben möchte, aber keinen Einbau. Der letzte Teil dieser Information fiel wohl irgendwo unter den Tisch. Ich bekam nach 4 Tagen ein Angebot für einen vor Ort-Service (Motherboard + Einbau). Die wollen sage und schreibe 1200 Euro dafür haben!!! Naja, ich hab denen ne Mail geschrieben, dass ich mir dafür ein neues Notebook kaufen kann und es abgelehnt.

Am selben Tag, als ich mit Dell telefonierte, habe ich auch bei der amerikanischen Firma angerufen. Erstaund von mir selbst, wie flüssig ich doch Englisch sprechen kann, habe ich mich nach dem Gespräch dazu entschlossen das Motherboard und auch noch ein neues Unterteil zu bestellen (bei letzterem fehlte ein Gummifuß und die 15$ fielen dann auch nicht mehr ins Gewicht).

Gestern kam der ganze Spaß dann hier an, und nachdem ich dem Postboten den Zoll bezahlt hatte, bin ich ans Basteln gegangen. Nach ca. 2 Stunden hatte ich mein neues neues Notebook zusammengeschraubt (ich kann jetzt guten Gewissens dranschreiben "Assembled in Germany"). Das Problem war, es ging nicht mehr an! Ich war stinksauer. Die ganze Fummelarbeit für nix! Ich wollte nochmal in Amerika anrufen, aber das war noch zu früh. Also bin ich den ganzen Tag mit ner miesen Laune durch die Gegend gelaufen und habe gewartet, bis ich endlich dort anrufen konnte.
Der Techniker in Amerika meinte nur, dass ich möglicherweise den Arbeitsspeicher falsch eingebaut habe. Ich musste das Notebook nochmal halb auseinander bauen, habe die Riegel vertauscht und das ganze wieder zusammen gesetzt.

Und? ES LÄUFT!!!! Nein: ES RENNT!!!!

Also wenn man über einen Monat mit 300 MHz gearbeitet hat, dann ist es eine Wohltat auf 1200 MHz umzusteigen! Ich habe jetzt zwar mehr Geld bezahlt, als geplant war, aber dafür funktioniert die Kiste jetzt! Ich bin um einige Erfahrungen reicher geworden. Ich werde nie wieder irgendwas derartiges gebraucht bei Ebay kaufen, und wenn das Angebot noch so verlockend ist. Ich werde nie wieder den Fehler machen mir Honig ums Maul schmieren zu lassen, und ich werde teure Sachen nie wieder ohne Garantie oder Gewährleistung kaufen.
Außerdem kann ich jetzt wunderbar Dell Latitudes C400 auseinander bauen und wieder zusammen setzen! Also, wenn irgendjemand sowas zum reparieren hat, hierher, wo der Finger leuchtet ;-)))